Die Promotionszeit kann Fluch oder Segen sein. Während einige Promovierte von ihrer Qualifizierungszeit schwärmen, verziehen andere beim bloßen Gedanken daran ihr Gesicht. Weltweit gehören zu der ersten Gruppe wohl deutlich weniger Personen: Ein Großteil der Promovierenden ist in dieser Zeit unzufrieden (Woolston (2019), PhD: the tortuous truth). Schaut man nach Deutschland, so hat zumindest ein Großteil der Promovierenden Spaß an der Arbeit (Forschung und Lehre (2020), Doktoranden weitestgehend zufrieden).
Ausschlaggebend dafür, dass du während deiner Promotion Freude hast, sind unter anderem das Thema, die Finanzierung, die Einrichtung und wer dich betreut. Was du tun kannst und was du wissen solltest, um deine Promotion diesbezüglich – aber auch darüber hinaus – möglichst angenehm zu gestalten, haben wir dir hier zusammengetragen. Diese Informationen haben wir aus unseren eigenen Erfahrungen und aus Diskussionen mit weiteren ehemaligen Promovierenden zusammengestellt und versucht, nach Wichtigkeit zu ranken. Uns erschienen aber alle 6 TOPs wichtig, daher nagelt uns nicht auf der Reihenfolge fest.
TOP 6: Thema und Methodik der Promotionsstelle
Das A und O für Spaß und ein langes Durchhaltevermögen während der Promotion ist dein Thema. Bevor du dich willkürlich an deine Bewerbungen machst, nimm dir die Zeit darüber nachzudenken, welches Thema dich wirklich interessiert. Welches Thema kann dich über mehrere Jahre lang motivieren? In welchen Bereich möchtest du einen absoluten deep dive machen? Was ist spannend genug um dich über eine lange Zeit zu fesseln?
Wir raten sehr dazu, dass dich das Thema mächtig interessieren sollte. Warum? Weil man sich wirklich intensiv damit auseinander setzen muss und es definitiv frustrierende Zeiten geben wird. Im schlimmsten Falle geht es eine Weile gar nicht voran. Außerdem kann es sein, dass auch weitere Rahmenbedingungen einer Promotion über die Zeit nicht ganz einfach auszuhalten sind. Wenn du dann auch noch keine Lust auf das Thema hast, wird es wirklich schwierig, sich zum Weitermachen zu motivieren. Man sollte deshalb nicht halbherzig irgendein Thema wählen. Ganz im Gegenteil: Man sollte für das Thema brennen.
Zudem gibt es Promotionen, bei denen das Thema recht festgelegt ist sowie Promotionen, bei denen man eher freie Hand hat. Beides hat Vor- und Nachteile: Während ein festgelegtes Thema gradliniger und erfolgsversprechender sein kann, man sich jedoch in einem starren Korsett befindet, kann man bei einem freier gestalteten Thema mehr ausprobieren. Dies kann Risiken birgen, da man ggf. neue Methoden ausprobieren muss, die einem selbst und vielleicht auch anderen in der Arbeitsgruppe fremd sind.
Doch nicht nur das Thema deiner Promotion ist wichtig. Auch die Methodik. Denn das Thema kann noch so spannend sein. Wenn du dafür mehr am Rechner sitzen als im Labor stehen musst als dir lieb ist, dann die Motivation schnell hopps gehen.
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TOP 5: Suche nach einer Promotionsstelle
Promotionsstellen sind in vielen öffentlich zugänglichen Medien, den üblichen Stellenportalen, wissenschaftlichen Netzwerken und unter den Stellenausschreibungen von Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen ausgeschrieben. Einige davon haben wir unter unseren Links aufgelistet.
Wenn du schon konkrete Vorstellungen zu deinem Thema hast, ist unsere Empfehlung, Arbeitsgruppenleiter:innen aus diesem Forschungsbereich direkt auf Promotionsstellen bei Ihnen anzusprechen. Die Arbeitsgruppenleiter:innen wissen am besten, ob sie eine Stelle frei haben, bald eine frei wird oder ob sie bereits einen Antrag für (eine) weitere Drittmittelstelle(n) gestellt haben. Vor einem ersten Kontakt solltest du unbedingt recherchieren, wo genau die Schwerpunkte der Arbeitsgruppe liegen, welche Methoden bei ihnen angewandt werden und die letzten und wichtigsten Veröffentlichungen anschauen. Dann kannst du ganz konkrete Fragen stellen, einen positiven Eindruck hinterlassen und dir mitunter ein aufwendiges Bewerbungsverfahren sparen.
Nicht zuletzt fühlen sich Arbeitsgruppenleiter:innen auch geschmeichelt, wenn man Ihnen mitteilt, dass man sehr gerne für sie arbeiten möchte und/oder man für das gleiche Thema brennt wie sie.
TOP 4: Finanzierung der Promotionsstelle
In der Biologie werden Promotionsstellen oftmals mit einem Umfang von 65 % vergütet. Hierbei wird sich an den Empfehlungen der DFG (Deutsche Forschungsgemeinschaft) orientiert, einem der größten Drittmittelgeber für Forschungsvorhaben in Deutschland.
Der Großteil, nämlich 79 % der Promovierenden in der Biologie, ist an einer Hochschule oder Forschungseinrichtung angestellt und wird über sie finanziert. Trotzdem kann ihre Finanzierung aus unterschiedlichen Quellen erfolgen, auf die wir in diesem Abschnitt näher eingehen wollen.
In manchen Fällen kann es sein, dass die Finanzierung einer Stelle, gerade an einer wissenschaftlichen Einrichtung, nur für die reine Versuchszeit erfolgt. Das Schreiben der Arbeit kann dann unentgeltlich erfolgen, bzw. ist dann während des Bezugs von Bürgergeld möglich. Es lohnt sich also, den potentiellen Arbeitgeber oder Promovierende aus der AG im Vorfeld zu fragen, wie es bisher gelebte Praxis ist. Unter Bezug von Sozialleistungen schreibt es sich nicht immer entspannt, da das Amt natürlich auch Forderungen an einen stellt. Dass man sich nämlich bereits um eine Folgeanstellung bemüht.
Stipendien
Die Finanzierung einer Promotion durch ein Stipendium spielt in der Biologie eine bedeutsame Rolle. Laut den Ergebnissen der National Academics Panel Study (2020) werden ungefähr 20 % der Promotionen in der Biologie über Stipendien finanziert. Die Höhe des Nettoeinkommens bei Stipendien liegt im Mittel bei ca. 1.497 €.
Der Vorteil eines Stipendiums ist, dann man freier von seiner Betreuungsperson ist, da man nicht finanziell abhängig ist. Dadurch ist es ebenfalls möglich, Mittel für deine eigenen Ideen zu beantragen.
Es besteht die Möglichkeit, sich seine Promotion mit einem Stipendium komplett oder auch anteilig zu finanzieren. Mehr Infos hierzu und auch mögliche Stipendiengeber haben wir in unserem Beitrag „Stipendien für alle – deine Finanzspritze für Studium und Promotion“ für euch zusammengestellt. Wichtig ist dabei zu wissen, dass man im Rahmen eines Stipendiums nicht automatisch Beiträge in die Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung einzahlt. Man ist also nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Nach der Promotion hat man folgerichtig keinen Anspruch auf das Arbeitslosengeld I. Auch fehlen einem aus dieser Zeit Ansprüche in Bezug auf die Rente und Pflege.
Stipendien haben zudem eine begrenzte Förderungsdauer. Es ist also ratsam, seine Promotion rechtzeitig abzuschließen, wenn man keine Folgefinanzierung in Aussicht hat. Auch empfehlen wir, mit der betreuuenden Person rechtzeitig über eine mögliche Folgefinanzierung ins Gespräch zu gehen und sich – im besten Fall – eine Finanzierung zusagen zu lassen.
Drittmittelstellen
Drittmittel-finanzierte Stellen sind Stellen, die von externen Geldgebern finanziert werden. Das können zum Beispiel Mittel der Deutsche Forschungsgemeinschaft oder des Bundesministeriums für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) sein. Auch gibt es durch die Industrie geförderte Promotionsstellen. Drittmittelfinanzierte-Stellen haben ebenfalls eine begrenzte Laufzeit und sind an bestimmte Voraussetzungen geknüpft (z. B. eine Berichterstattung gegenüber dem Geldgeber).
Wer aus Drittmitteln finanziert wird, ist direkt an der Hochschule bzw. der Forschungseinrichtung angestellt und zahlt über die Gehaltsabrechnung Sozialabgaben.
Hausstellen
Stellen, die aus den Grundmittteln einer Hochschule oder einer außeruniversitären Einrichtung finanziert werden, nennt man Hausstellen. Diese Stellen verhandelt jede Arbeitsgruppenleitung mit dem Präsidium bzw. dem Vorstand einer Hochschule oder Forschungseinrichtung individuell. Wer über eine Hausstelle finanziert wird, ist somit direkt an der jeweiligen Hochschule bzw. Forschungseinrichtung angestellt und zahlt über die Gehaltsabrechnung auch Sozialabgaben. In der Regel sind diese Stellen befristet.
Freie Wirtschaft
Auch in der freien Wirtschaft kann man promovieren. Dann wird man meist für seine eigentliche Arbeit im Unternehmen in Vollzeit finanziert und arbeitet parallel bzw. bei freien Kapazitäten während der Arbeitszeit an seiner Promotion. Die Ergebnisse der Arbeit fließen dann in die Promotion hinein.
TOP 3: Struktur der Promotion
Erkundige dich unbedingt im Vorfeld über die Rahmenbedingungen deiner Promotionsstelle. Wie wirst du betreut werden? Arbeiten mehrere Personen an einem Thema oder wärst du Einzelkämpfer*in? Werden Meilensteine festgelegt und Zwischenergebnisse gemeinsam besprochen? Was genau wird von dir erwartet? Wie lange wird im Durchschnitt in der Arbeitsgruppe promoviert? Gleiche die Antworten mit deinen eigenen Vorstellungen ab und überlege dir, welche Kompromisse du gegebenenfalls bereit bist einzugehen?
Wie bereits weiter oben beschrieben, kann durchaus sinnvoll sein, einen Bereich des Promotionsprojekts in einem etablierten methodischen Setting zu absolvieren. Dadurch besteht eine Routine in der Methodik, die du anwendest und der Grundstein der Experimente und Erfolg deiner Promotion ist eher sichergestellt. Dem gegenüber stehen Promotionen, die weniger vorgegeben, also mehr experimenteller Natur sind. Sie bieten dir mehr die Möglichkeit deine Kreativität zu entfalten und wissenschaftliches Neuland zu betreten, beinhalten aber ein gewisses Risiko damit zu scheitern.
Über die eigene Forschungstätigkeit hinaus sind feste Strukturen ein Plus, denn sie geben deiner Promotion einen Rahmen und vielseitige Möglichkeiten der Weiterentwicklung. Erkundige dich also vorab zur Anstellung zu folgenden Punkten: Gibt es die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Promovierenden? Werden Seminare, Kolloquien und Vorträge angeboten? Besteht die Möglichkeit, einen Auslandsausfenthalt zu absolvieren oder mit anderen Arbeitsgruppen zu kollaborieren? Gibt es finanzielle Mittel für den Besuch von Konferenzen, für Weiterbildungen, ggf. eine Dacheinrichtung zur Förderung von Promovierenden, die Workshops anbieten oder würde deine Promotion in einem Promotionsprogramm eingebettet sein? Wenn letzteres: Wie sieht dieses aus? Welche Anforderungen und Benefits gibt es?
TOP 2: Wahl der Hochschule, Forschungseinrichtung oder des Unternehmens
Die Größenordnung oder der Ruf bzw. die finanzielle Ausstattung einer Einrichtung und/oder einer Arbeitsgruppe können nicht nur die Qualität der Arbeitsinfrastruktur beeinflussen, oft spielen sie auch eine Rolle im weiteren Karriereverlauf ihrer Angestellten. Solltest du eine wissenschaftliche Karriere anstreben, für die eine Promotion Voraussetzung ist, ist es ratsam sich mit diesen Punkten auseinandersetzen, bevor du deine Promotion startest. Wie steht es also um deinen potentiellen neuen Arbeitsgeber? Ist er eher forschungsstark oder -schwach? Handelt es sich um eine Exzellenzuniversität oder eine Tätigkeit in einem Exzellenzcluster? Einen guten Ruf genießen auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Dazu gehören diejenigen der Helmholtz-Gemeinschaft (Großgeräteforschung), der Max-Planck-Gesellschaft (Grundlagenforschung), Fraunhofer-Gesellschaft (anwendungsorientierte Forschung) oder der Leibniz-Gemeinschaft (erkenntnis- und anwendungsorientierte Forschung). Die Max-Planck-Gesellschaft hat übrigens die drittmeisten Nobelpreisträger*innen hervorgebracht – just saying.
Wer industrienah promovieren möchte, kann dies auch in einer Firma machen. Hierzu benötigt man auf jeden Fall eine:n Professor:in an einer Universität, der bzw. die einen während der Promotion betreut.
Ein Vorteil von Promotionen in der Industrie ist, dass das Gehalt meist höher ist, als an Hochschulen oder Forschungseinrichtungen. Auch ist die Laborausstattung oftmals besser, da Firmen mehr in die Forschung investieren (können). Ein weiterer Vorteil von Industriepromotionen ist, dass dein Einstieg ins Berufsleben mit dem Einstieg in das Unternehmen bereits geglückt ist.
Nachteilig kann sein, dass einem wenig Zeit für die Arbeit an der Promotion zur Verfügung gestellt wird, da man eher Projekte bearbeitet, die für die Firma wirtschaftlich von Vorteil sind. Der sich selbst gesetzte Zeithorizont für die Promotion kann somit auch schnell nach hinten verschoben werden, wenn sich die Prioritäten des Unternehmens verschieben.
Wenn du mehr Informationen möchtest, empfehlen wir dir diesen Artikel zur Industriepromotion.
TOP 1: Betreuungsperson(en)
Alle unsere bisherigen Hinweise sind nicht irrelevant. Der Erfolg deiner Promotion und die Erfahrungen, die du in dieser Zeit machst stehen und fallen am Ende mit deiner Betreuungsperson, also deinem Doktorvater bzw. deiner Doktormutter. Mit ihm oder ihr solltest du ein gutes persönliches Verhältnis aufbauen und von Anfang an ein gutes Gefühl haben.
Um im Vorfeld einschätzen zu können, wie eine Promotion unter ihm oder ihr werden kann, hier ein paar Hinweise:
- Alter: Junge, aufstrebende Arbeitsgruppenleitungen müssen sich ggf. noch weiter in der wissenschaftlichen Community beweisen. Das kann innerhalb der Arbeitsgruppe Druck erzeugen, schnell, hervorragende Forschungsergebnisse zu erzielen und zu veröffentlichen. Arbeitsgruppenleitungen, die sich kurz vor dem Renteneintrittsalter befinden, können da bereits entspannter sein. Sie haben ihre wissenschaftliche Karriere bereits hinter sich. Ggf. haben sie aber höhere Positionen in Forschungseinrichtungen oder andere Verpflichtungen, die sie weg von der Forschung und hin zu mehr Managementtätigkeiten zwingen und dir so seltener für Feedback zur Verfügung stehen.
- Erfahrungen: In jedem Fall empfehlen wir dir, mit Mitgliedern aus der Arbeitsgruppe über ihre Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppenleitung zu sprechen. Am besten sogar mit Promovierenden. Frage dazu im Bewerbungsgespräch, ob du im Anschluss das Team kennenlernen darfst. Wenn du dazu die Möglichkeit erhältst und du die Gelegenheit hast, vertraulich mit Teammitgliedern zu sprechen, prüfe, ob die Aussagen aus dem Bewerbungsgespräch mit denen der Teammitglieder stimmig sind.
- Inoffizielle Betreuung: Nicht nur die offizielle Betreuungsperson ist wichtig, auch weitere Bezugspersonen aus der Arbeitsgruppe können den Erfolg deiner Promotion positiv wie negativ beeinflussen, zum Beispiel die Laborleitung oder Post-Docs. Mach‘ dich am besten vorher schlau, wer letztlich im Promotionsalltag deine Ansprechperson wäre und ob diese Person über die gesamte Dauer deiner Promotion auch für dich zur Verfügung steht.
- Promotionskommitee: Oftmals geben Promotionsordnungen vor, dass man für die Betreuung ein Promotionskommitee hat. Dies hat den Vorteil, dass mehrere Perspektiven und Erfahrungen in deine Arbeit einfließen. Schwierig kann es werden, wenn sich Betreuungspersonen widersprechen.
Fazit
Wie du siehst, gibt es bei der Suche nach einer Promotionsstelle einiges, an das man im Vorfeld denken kann. Wir hoffen, dass dir unsere Hinweise helfen, für dich die passende Stelle für deine Promotion zu finden und wünschen dir dabei viel Erfolg.
Und wenn du dir nicht sicher bist, ob eine Promotion überhaupt das Richtige für dich ist, empfehlen wir dir den Selbsttest „Promovieren oder nicht“ der FU Berlin oder den Mitschnitt des ZEIT CAMPUS Online-Seminars „Karriere mit Doktortitel? Entscheidungshilfen Pro und Contra Promotion“ um deiner Entscheidung näher zu kommen.