„The PhD Career Ladder Program“ – in 9 Schritten zum Traumjob

Du weißt nicht wohin nach dem Master? Oder Dich hat die Mid-doc-crisis erwischt und Du stellst den ursprünglich von Dir verfolgten Karriereweg Promotion-Postdoc-Professur infrage? An seine Stelle mogeln sich Versagensängste, der Verlust Deiner Wissenschaftler*innenidentität und die Erkenntnis, dass der akademische Weg vermutlich doch nicht der Richtige für Dich ist? Oder ist Deine Leidenschaft und Begeisterung für das Fach und die Wissenschaft aufgrund der prekären Arbeitsverhältnisse nur zeitweise erloschen? 
Bevor Du Hals über Kopf das Studium oder die Promotion an den Nagel hängst, lohnt sich ein Austausch mit Menschen, die sich in der gleichen Situation befinden. Schnell wird klar, dass sich viele mit diesen Gedanken plagen und Du nicht allein bist. Zudem erfährst Du, dass es abseits der universitären Laufbahn eine Bandbreite an interessanten Arbeitsplätzen gibt, für die sich ein Blick über den Tellerrand lohnt.

Ein Gegenmittel und Weg aus der Verzweiflung könnte The PhD Career Ladder Program sein, das von Nadia Jaber entwickelt wurde. Das Programm soll verwirrten Doktorand*innen wie eine Leiter in kleinen Schritten auf dem Weg zum Traumjob unterstützen. Natürlich kann das Konzept ebenso von Masterstudent*innen genutzt werden. Es schließt damit die Lücke an Karriereentwicklungs- und -vorbereitungsangeboten in Promotionsprogrammen oder kann ergänzend genutzt werden. In ihrem Konzept setzt Jaber auf einen Plan in neun Schritten, die am besten in einer Gruppe absolviert werden. 

Wie so oft gilt auch hier: Der Austausch fördert die Möglichkeiten. Tue Dich mit Gleichgesinnten zusammen und profitiere von den Ideen und Gedanken der Anderen.

Der Ideenaustausch und das Feedback von Gruppenmitgliedern unterstützt dabei Karriereziele zu diskutieren und zu entwickeln. Und das geht wie folgt:

1. Die eigenen Fähig- und Fertigkeiten, Interessen und Werte kennenlernen

Für die richtige Berufswahl ist es wichtig die eigenen Fähigkeiten, Interessen und Werte zu kennen. Dabei kann neben Gesprächen mit Kolleg*innen, Freund*innen und Familie auch der myIDP Test der American Association for the Advancement of Science helfen. Dieser Test ist speziell für Promovierende aus den Naturwissenschaften entwickelt. Er liefert auf der Grundlage der Antworten im Multiple Choice Test potenzielle Karrieremöglichkeiten. In unserem Artikel zum myIDP-Test kannst Du mehr erfahren.
Dabei kommt manchmal ein ganz überraschendes Spektrum an Ergebnissen heraus. Vielleicht wird Dir vorgeschlagen Ausstellungen in Museen zu konzipieren. Oder Politiker*innen in wissenschaftlichen Fragestellungen zu beraten, weil Dir das Erklären von biologischen Abläufen Spaß macht und leicht fällt. Vielleicht ist aber auch Dein Auge für’s Detail gefragt bei der Zulassung von Medikamenten oder Labormaschinen.


2. Recherche

Der Weg zum Traumjob führt über eine ausgiebige Recherche.

Im zweiten Abschnitt geht es darum, möglichst viel über die potenziellen Jobs aus Schritt 1 herauszufinden: In welchen Unternehmen und Organisationen findet man sie? Wie sieht der Arbeitsalltag in diesem Feld aus?

Eine ergiebige Informationsquelle findest Du in unseren zahlreichen Jobvorstellungen. Dabei ist es nicht unnormal, dass der Rechercheprozess ein wenig andauert und der „perfekte“ Job und alle Informationen darüber nicht über Nacht gefunden sind.

3. Informative Interviews mit Fachleuten

Um in die Materie einzusteigen und eine Vorstellung vom Job zu bekommen, der auf Papier super klingt, schlägt Jaber vor, informative Interviews zu führen. Hierfür setzt Du Dich mit Fachleuten in Deinem Interessengebiet in Verbindung, um die Perspektive einer*s Insiders*in zu gewinnen. Da man häufig niemanden kennt, der*die in dem Traumjob arbeitet, bietet sich die Suche über Jobnetzwerke z. B. via LinkedIn oder Xing an. Ist der*die Interviewpartner*in gefunden ist eine angemessene Vorbereitung  für das Interview essenziell. Die Interviews helfen nicht nur bei der Suche und Evaluation des Traumjobs sondern auch bei dem Aufbau eines professionellen Netzwerks. Wenn klar wird, dass andere schon in dem Feld Deines Interesses arbeiten, vielleicht sogar mit dem gleichen Abschluss wie Deinem, dann sorgt das für dringend benötigte neue Motivation und Zuversicht.

Frag‘ die Expert*innen in Deinem Traumjob Löcher in den Bauch, um einen ausreichend guten Einblick über die Tätigkeiten und die geforderten Kompetenzen zu erhalten. Das ist eine spitze Gelegenheit, Schritt 4 vorzubereiten.


4. Kernkompetenzen identifizieren

Hast Du Deinen Traumjob gefunden, der zu Deinen Fähigkeiten, Interessen und Werten passt? Dann liegt der nächste Schritt darin, herauszufinden, welche Kompetenzen für Deinen Berufseinstieg erforderlich sind? In welchen Bereichen hast Du schon Erfahrung sammeln können und welche Fertigkeiten musst Du noch verbessern?
Bei der Medikamentenzulassung ist z. B. Genauigkeit gefragt, als Lehrer*in Geduld und als Medical Writer brauchst Du ein besonderes sprachliches Geschick. Stellenangebote zeigen meist auf, was für eine Art von Person gesucht wird und welche Eigenschaften diese mitbringen muss. Versuche diese Eigenschaften für Deinen Traumjob heraus zu kristallisieren.


5. Fehlende Kompetenzen aneignen

Wenn Du weißt, welche Kompetenzen verlangt werden, hast Du meist auch festgestellt, dass bei Dir noch einige Lücken zu finden sind. Hier gilt es auch außerhalb von Labor und Büro kreativ zu werden. Auch die Kompetenzen, die Du außerhalb Deines Masters oder Deiner Promotion lernst, lassen sich prima auf Deinen späteren Job übertragen:

  • Erfahrung im Sprechen vor Publikum kannst Du im Theaterkurs der Uni lernen oder mit einem TED Talk unter Beweis stellen.
  • Das Verfassen eines Newsletters über die aktuelle Forschung in Deinem Institut zeugt von Deiner Fähigkeit komplexe Sachverhalte einfach zu erklären.
  • Die Website, die Du für den lokalen Sportverein eingerichtet hast, gibt Einblick in Deine IT-Kenntnisse.

Du stehst in der Freizeit auf der Bühne? Prima, denn damit kannst Du bestens zeigen, dass Du vor Publikum agieren kannst.

6. Profil auf Job-Netzwerkportal erstellen oder erneuern

Sowohl LinkedIn als auch Xing sind eine simple Möglichkeit ein breites Netzwerk aufzubauen. Zudem kannst Du Deinen Lebenslauf aktuell halten, Dich gut sichtbar für Recruiter*innen positionieren und selbst aktiv nach Jobs suchen. Saber schlägt in dem PhD Career Ladder Program daher vor, Gruppen auf den Plattformen beizutreten. Insbesondere natürlich denen, die im Zusammenhang mit dem gewünschten Arbeitsfeld stehen. Das können z. B. die Gruppen „Biologen in Deutschland“ und „Hochschulkarriere/ Jobs and Career in Higher Education“ auf Xing sein oder auf LinkedIn „PhD Career Networking Group“ und „Wissenschaftskommunikation.de“. Außerdem empfiehlt sie, an fachlichen Diskussionen teilzunehmen oder eigene Diskussionen zu starten, sowie Updates zu veröffentlichen und die Deiner Kontakte zu kommentieren. Die Websites eignen sich auch wunderbar dazu Jobtitel, die benutzten Schlüsselwörter, erforderliche Erfahrung und gewünschte Fähigkeiten ausfindig zu machen. Auch lassen sich die Angebote nach Standort, Firma usw. filtern. 

7. Fähigkeiten und Erfahrungen kommunizieren lernen

Im nächsten Schritt des PhD Career Ladder Programs geht es darum, wie Du Deine Kompetenzen potentiellen Arbeitgeber*innen vermitteln kannst. Der Lebenslauf ist dafür der zentrale Ort, wo Du Deine Fähigkeiten und Erfahrungen bündeln kannst. Er sollte ausschließlich relevante und erforderliche Informationen enthalten und auf jede Stelle individuell zugeschnitten sein, auf die Du Dich bewirbst. Orientieren kannst Du Dich an folgenden Hinweisen:

  • Betone die genauen Aufgaben, die Du in vorherigen Jobs übernommen hast. Damit wirkt Dein Lebenslauf nicht zu statisch. Hebe z. B. hervor, dass Du Student*innen ohne vorige Erfahrung im Sezieren unterrichtet hast, statt zu schreiben, dass Du Studenten betreut hast.
  • Mache deutlich wie DU dem Unternehmen mit Deinen Erfahrungen, Deinen Fähigkeiten und Deiner Persönlichkeit nutzen kannst und nicht anders herum.
  • Wiederholen von in der Stellenausschreibung enthaltenen Schlüsselwörtern, wie z. B. Marketing, Statistik oder Schlafforschung.
  • Nimm außerdem die Angebote zur professionellen Überprüfung des Lebenslaufes vom Career Center Deiner Hochschule oder auf Jobmessen wahr.
  • Die Übung im Personal Branding und das Zusammenfassen Deiner Leidenschaft für den Traumjob in 1-2 Sätzen für Schreiben oder einem Elevator Pitch kann Wunder wirken. Sie helfen Dir bei der Vernetzung zu Wissenschaftler*innen, Organisationen und Unternehmen aus dem gleichen Fachgebiet. 


8. Networking: On- und Offline

„Beziehungen schaden nur dem, der keine hat.“

Lothar Schmidt – deutscher Politologe und Schriftsteller * 1922

Vitamin B spielt bei der Jobsuche heutzutage eine maßgebliche Rolle. So gehen laut einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung etwa ein Drittel aller Neueinstellungen auf persönliche Kontakte zurück. Es ist also schon während des Masters oder der Doktorarbeit wichtig sich zu vernetzen: Sei es in Person z. B. durch das Halten einer Präsentation auf einer Konferenz, Networkingevents, die von Fachgesellschaften (z. B. dem Verband Biologie, Biowissenschaften & Biomedizin in Deutschland) in Deinem bevorzugten Berufsfeld veranstaltet werden und ebenso per E-Mail z. B. nach einem interessanten Vortrag.

Man sieht sich immer zweimal! Wer einem im späteren Leben noch einmal Weiterhelfen kann, ist oft erst nicht erkennbar. Es lohnt sich immer, die Fühler weit nach links und rechts auszustrecken und sich mit Personen in den unterschiedlichsten Bereichen zu vernetzen.

Knüpfe Verbindungen, um Dich fachlich auszutauschen und Neues zu lernen und nicht in erster Linie um nach einem Job zu fragen. Networking soll Spaß machen und öffnet Dir womöglich dennoch Türen, die sonst verschlossen geblieben wären.


9. Zukunftspläne

Viele Promovierende machen zunächst einen Postdoc. Teilweise tun sie dies aus Unsicherheit und Mangel an Alternativen statt aufrichtigem Interesse. Wäge ab inwieweit sich das für Dich lohnt. Falls Du Dich dafür entscheidest, dann sollte die Position mit Deinen allgemeinen Karrierezielen übereinstimmen, Dir helfen Dich weiterzuentwickeln und auf Deine anschließende Karriere vorzubereiten.
Eine weitere Möglichkeit ist es, die eigenen Interessen in Form von Praktika, Freiwilligenarbeit u. ä. zu testen. Diese ermöglichen es Dir einen Vorgeschmack auf Deine berufliche Laufbahn zu bekommen und sind eine super Möglichkeit zum Reinschnuppern und Erfahrungen sammeln, auch wenn sie häufig unbezahlt sind. Trotzdem ist es notwendig sich in der Ausrichtung seiner Karriere Zeit zu nehmen, Verschiedenes auszuprobieren und dann ein Ziel ins Auge zu fassen. Die Möglichkeiten sind dafür vielfältig und sicherlich außerhalb der Komfortzone!

Verspürst Du nun Lust, Dich mit Mitpromovierenden nach diesen Schritten und über das PhD Career Ladder Program auszutauschen? Wir wünschen viel Erfolg und Freude bei der Erkundung Deiner Möglichkeiten!