Ein Wiedersehen mit Dr. Daria Chrobok, Scientific Illustrator

Das Berufsleben ist bekanntlich lang, und so einiges kann sich mit der Zeit ändern. Hast du dich schon mal gefragt, wo unsere Interviewpartner von früher heute sind? Wir auch!

Und deswegen haben wir anlässlich unseres zehnjährigen Jubiläums ein paar alte Gesichter wieder getroffen. Letzte Woche trafen wir Peter Kohl wieder, der als Public Relations Officer mittlerweile in der Physik gelandet ist.

Heute treffen wir Dr. Daria Chrobok wieder. Daria hat damals alles über ihren Beruf als Scientific Illustrator mit uns geteilt. Aber wem erzählen wir das, es ist immerhin eines der beliebtesten Interviews geworden. Falls ihr es noch nicht kennt, könnt ihr es hier nachholen. Was sich seit dem letzten Interview bei Daria geändert hat und wieso sie sich gerade in einer Orientierungsphase wiederfindet, erfahrt ihr heute. Wir wünschen viel Spaß!

Foto von Scientific Illustrator Dr. Daria Chrobok, wie sie vor ihrer abstrakten Kunst in ihrer Ausstelung sitzt.

Dr. Daria Chrobok, hier bei der ersten eigenen Ausstellung ihrer abstrakten Kunst. © DC Sciart

Hallo Daria, unser Interview ist mittlerweile 2 Jahre her. Was hat sich seitdem bei dir verändert?

Ich habe mehrere größere Kunden und Jobs bekommen, also extensivere Projekte mit besserer Bezahlung. Mit der Zeit habe ich auch meine Preise erhöht und gehe selbstbewusster damit um, wie ich meine Preise ansetze. Dadurch kriege ich mittlerweile auch weniger Kunden, die versuchen, die Preise runterzuhandeln und nur das Minimum zu bezahlen.

Seit unserem letzten Interview sind außerdem Zweifel bei mir aufgekommen, ob ich meine Tätigkeit genauso weiterführen will wie bisher. Also es ist noch ein Wunsch dazugekommen, etwas anderes zu machen. Das hat sich immer weiter etabliert und der Wunsch ist über die Zeit stärker geworden, wissenschaftliche Illustrationen sind nicht mehr alles für mich.

Deshalb habe ich angefangen, nebenbei mehr zu schreiben und habe zum Beispiel einen Newsletter gestartet. Ich habe auch angefangen, Gedichte zu schreiben und mehr für mich selbst zu illustrieren. Einfach das zu bearbeiten, was ich gerade will. Dabei hat mir geholfen, dass ich verschiedene Coachings und Workshops absolviert habe, um innere Blockaden weiter zu überwinden und leichter in die Richtung gehen zu können, in die ich wirklich will. Ich habe dieses Jahr zum allerersten Mal mehr in meine Kunst investiert und ein 3-Monats-Programm dazu gemacht. Ich habe letztes Jahr verschiedene Schreibchallenges gemacht und bin da in einer entsprechenden Community drin.

Zu guter Letzt arbeite ich auch in Teilzeit für ein Journal, Physiologia Plantarum, für das ich früher schon gearbeitet habe. Dort arbeite ich im Technical Editing, schaue ob Manuskripte sprachlich okay sind, ob Formatierung und Illustrationen passen. Teilweise illustriere ich auch für das Journal und arbeite mit einer Kollegin an einem Outreach-Programm für Creative Writing und Illustrations.

Du hast viel Neues ausprobiert. Mentoring, Consulting, mehr abstrakte Kunst. Wie kam es dazu?

Dadurch, dass ich gemerkt habe, dass die ganzen Versuche, wie z.B. das Mentoring, mir super viel Spaß gemacht haben. Ich wollte mich einfach weiterentwickeln. Hatte da auch einfach irgendwie eine Inhibition drin gehabt. Dass ich mit Consulting und Mentoring gestartet habe, kam dadurch, dass Leute gefragt haben, ob ich ihnen nicht helfen kann bei ihren eigenen Zeichenprojekten. Mit der abstrakten Kunst, das habe ich schon immer geliebt. Das sind auch Richtungen, die mache ich mehr für mich selber, da kann ich mich besser entfalten, als wenn ich z.B. für andere wissenschaftlich illustriere.

Was hat denn sehr gut funktioniert für dich, und was hast du zwischenzeitlich gestoppt, weil es nicht funktionierte?

Das Malen, also die abstrakte Kunst und andere Projekte außerhalb wissenschaftlicher Illustrationen, mache ich weiter. Ich konnte mittlerweile ein paar Sachen verkaufen und hatte auch eine Ausstellung. Die Einnahmen fallen zwar bisher nicht ins Gewicht, sind also wirklich nur kleine Verkäufe, aber ich würde das gerne als weiteres Standbein für die Zukunft aufbauen. Da bin ich aber auch noch am Finden, wie bepreise ich das, wie erreiche ich meine Zielgruppe. Da habe ich mich noch nicht so etabliert wie bei meinen Scientific Illustrations. Mit dem Schreiben bin ich bisher auch zufrieden, ich habe auch erste Abonnent:innen, die zahlen.

Was für mich weniger gut funktionierte, war ein zwischenzeitlich geöffneter Shopify-Shop, über den ich meine abstrakte Kunst verkauft habe. Den habe ich mittlerweile wieder geschlossen. Nicht, weil es nicht funktionierte, aber das lag mir einfach nicht, so dass mir auch einfach die Motivation fehlte, da die notwendige Energie reinzustecken. Ähnlich betreibe ich auch Consulting und Mentoring nicht aktiv, also bewerbe es nicht großartig. Es steht der Vollständigkeit halber auf meiner Seite drauf und ich stehe zur Verfügung bei Interesse, aber ich baue den Bereich nicht aktiv aus.

Auch bei LinkedIn bin ich momentan weniger aktiv, die Plattform hat sich verändert und ich bin momentan am reflektieren für mich, was ich dort überhaupt in welchem Umfang mitteilen will.

Ein abstraktes Ölgemälde von Daria

Ein abstraktes Gemälde von Daria. Was siehst du hier drin? © DC SciArt

Du arbeitest im Moment ja auch zusammen mit Philipp Dexheimer, den wir ebenfalls interviewen durften, am „The Science Freelancer Starter Kit“. Was können wir uns darunter vorstellen?

Die Idee hinter dem Science Freelancer Starter Kit war, einen Self-Learning-Kurs und eine Community aufzubauen, für Leute aus der Wissenschaft, die sich für das Thema Selbstständigkeit interessieren. Ich kam darauf durch meine Mentoring- und Consulting-Erfahrungen, dass sowas interessant ist. Denn nicht jeder kann sich 1-on-1 Mentoring leisten. So ein Self-Learning-Kurs kann im eigenen Tempo absolviert werden und kann durch verschiedene Optionen, wie einen Community-Zugang und zusätzliche Coachings, ergänzt werden. Und da man sowas zu zweit besser gestalten kann, einfach um verschiedene Perspektiven einzubringen und mehr Leuten helfen zu können, habe ich das dann zusammen mit Philipp gestartet.

Es gibt bisher nicht wirklich Hilfe für Wissenschaftler:innen, die in den Bereich Scientific Illustration wollen. Man muss nicht noch zusätzlich etwas studiert haben, aber es gibt nun mal vieles, was man dazu lernen muss. Wenn man als Freelancer startet, muss man alles sein. Deswegen dachten wir, dass wir unsere Expertise da reinschmeißen um den Leuten zu helfen, als Freelancer starten zu können.

So einen Kurs aufzubauen bringt ja sicher seine ganz eigenen Herausforderungen mit?

Also es ist alles Mögliche. Es ist tatsächlich was komplett anderes als Scientific Illustrator zu sein. Viele technische Details, wie bauen wir den Kurs auf, welches Equipment brauchen wir für die Aufnahmen. Es nimmt immer mehr Zeit in Anspruch, als man denkt. Im Nachhinein würde ich das auch ganz anders angehen. Mit der Zeit wurde es immer komplexer. Am Ende habe ich mich dann vor ein paar Monaten entschieden, dass es mir zu viel Energie genommen hat. Und habe mich dann nach Absprache mit Philipp selbst aus dem Projekt rausgenommen. Es war nicht mehr im Einklang mit dem, was zu mir passte, hat mir mehr Energie genommen als gegeben.

Das war ja auch einer der Gründe, wieso ich Freelancer geworden bin, weil es die perfekte Kombination war für mich und ich die Freiheit habe, auch solche Entscheidungen zu treffen. Es hatte sich deswegen auch falsch angefühlt, wenn ich da weitergemacht hätte und Leuten im Kurs erzählt hätte, dass sie mit Freelancing diese Entscheidungsfreiheit haben, wenn ich sie selbst nicht für mich umsetze.

Deswegen macht der Philipp das Projekt jetzt alleine weiter. Es bleibt aber definitiv eine große Hilfe, eine gute Ressource, die ich nur empfehlen kann und von der ich weiter überzeugt bin. Das Kit wird super.

Wie hat sich dein Arbeitsalltag insgesamt verändert?

Wie gesagt, ich hatte mehr High Quality Projects. Also insgesamt habe ich weniger Projekte, die dafür aber besser bezahlt sind. Ich wechsle meine Arbeit als Scientific Illustrator mit der in meinem Teilzeit-Job im Journal ab, also arbeite phasenweise mal mehr in der einen oder anderen Tätigkeit, je nachdem wo mehr zu tun ist. Das passt ganz gut zusammen, im Sommer ist es in meiner freiberuflichen Tätigkeit meist etwas ruhiger und im Journal durch die Urlaubssaison mehr zu tun, da ich dann meine Kolleg:innen vertrete. Ingesamt bin ich übers Jahr in beiden Jobs ungefähr gleich viel tätig. Ich fühle mich dadurch auch sicherer, dass ich mehrere Standbeine habe.

Mein Arbeitsalltag ist insgesamt sonst sehr ähnlich geblieben, auch die Arbeitszeit ist wie früher. Ich nehme mir mehr Zeit in meiner Freizeit für Outdoor-Aktivitäten und Malen, priorisiere das, einfach weil es meiner Balance guttut.

Hat sich seit damals etwas an deiner Einstellung zur Arbeit und Karriere geändert?

Als ich meinen PhD abgeschlossen hatte, war es mein Plan, meine eigene Firma als Freelancer aufzubauen. Darauf habe ich auch hingearbeitet und das Ziel schlussendlich erreicht. Jetzt im Moment bin ich in einer ganz anderen Phase meines Lebens, wo mir noch nicht klar ist, was ich als nächstes machen will. Ich versuche mich gerade einfach darauf einzulassen, die Dinge zu tun, die mir Freude bringen. Es kommen natürlich immer wieder neue Aufträge rein. Deshalb baue ich die anderen Dinge nebenbei auf.

Ich will insgesamt mehr analoge Dinge machen und weniger Zeit vor dem Bildschirm verbringen. Deswegen male ich auch mehr. Ich möchte mehr Wert darauflegen, einfach schöne Dinge zu schaffen und in die Welt zu bringen. Mehr vom Herz und der Seele aus und weniger vom Kopf und reinen Logik her. Ich möchte nicht, dass Arbeit und Karriere etwas Separates sind vom restlichen Leben, es muss sich ineinander fügen.

Ich möchte weniger Digitales machen und mehr Fokus auf das Menschliche zu legen, auf Community, auf zwischenmenschliche Kontakte. Die ganzen technologischen Entwicklungen der letzten Jahre mit KI und Social Media finde ich mittlerweile einfach zu überwältigend, man verliert sich darin zu schnell. Das gefällt mir nicht. Deswegen möchte ich davon wegkommen. Dieser ganze Produktivitätdruck, die Hustle Culture und die Panikmache drumherum bringt uns einfach in eine Stressspirale, das passt zu uns Menschen nicht. Das Leben ist doch nicht nur für Arbeit da, es gibt mehr im Leben.

Ich habe mich nie groß über meine Karriere und Arbeit definiert, aber es ist die letzten Jahre noch weniger geworden.

Gibt es zum Schluss noch etwas, was du den Leser:innen mitgeben willst?

Im Endeffekt, dass sich das Leben stetig verändert. Auf Arten und Weisen, die wir selber nicht immer so nachvollziehen und erwarten können. Auch wir selbst verändern uns stetig. Ich möchte neue Dinge machen, und diese Dinge ändern sich auch immer wieder. Das ist vollkommen normal. Es gibt am Ende des Tages nicht die eine Karriere, nicht den einen Weg. Lasst euch darauf ein, dass sich das Leben und ihr selbst euch stetig verändert. Hört auf eure Intuition und verfolgt das, was euch gerade interessiert. Und wenn sich eure Interessen dann irgendwann ändern, ist das auch in Ordnung. Ihr habt nur das eine Leben, euer Leben. Deswegen gestaltet es auch nach euren Wünschen.

Und klar, dass alles ist leichter gesagt als getan, das weiß ich. Aber seid nicht zu streng mit euch, wenn ihr mittendrin merkt, dass ihr vielleicht doch einen anderen Pfad einschlagen wollt. Nichts ist für umsonst, ihr lernt ja trotzdem etwas, was euch auch weiter nutzen wird. Hört auf euren Körper. Und nicht jede eurer Interessen muss am Ende einen messbaren Outcome haben.

Vielen Dank Daria für das Interview!

Das war unser Wiedersehen mit Daria Chrobok. Wie ihr seht, auch wenn man bereits fest im Job steht kommen doch immer wieder Phasen, wo man sich neu orientiert und überdenkt, was der nächste Schritt ist. Wenn ihr euch also mal unsicher seid, wie es weiter geht oder ob ihr auf dem richtigen Pfad seid, dass ist völlig normal!

Und wenn ihr Lust habt, herauszufinden, wo unsere anderen Interviewpartner:innen gelandet sind, dürft ihr euch auf nächste Woche freuen. Denn dann sehen wir Maria Rossbauer wieder, die uns damals Einblicke in den Wissenschaftsjournalismus gab. Folgt uns gerne auf Instagram oder LinkedIn, um den Release nicht zu verpassen.